Matrosenausbildung mit Papas Hilfe: Das Vater-Sohn-Wochenende in der Jugendherberge Esens

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Im Zeitlupentempo bewegen sich vier kleine Schiffchen auf der silbern schimmernden Wasseroberfläche des kleinen Sees. Am Ufer: drei Väter und deren insgesamt vier Söhne zwischen 5 und 15 Jahren. Marten und Bennet pusten ihren beiden selbstgebastelten Plattbodenschiffen wettkampfbegeistert hinterher, Jaden wirft währenddessen einen gespannten Blick auf seinen Vater. Matthias hingegen wähnt sein in Vorsprung geratenes Holzschiff bereits in uneinholbarer Sicherheit. Es ist Samstagabend, der zweite Tag des Vater-Sohn-Wochenendes in der Jugendherberge Esens-Bensersiel. Und gleich wird sich entscheiden, welcher frischgebackene Matrose heute das seetauglichste Gefährt zusammengesetzt hat.

Acht Stunden zuvor: Die Männerbande steht mit verwirrtem Blick im ersten Stock des Sielhafenmuseums von Carolinensiel. Hier soll es gleich losgehen mit der Matrosenausbildung, so sieht es das Programm vor. Frisch und munter sind sie alle, selbst die Kleinsten. Und das, obwohl der Abend zuvor für sie besonders lang war. Eine Nachtwanderung hatte die Teilnehmer des Vater-Sohn-Wochenendes erst um Esens herum und abschließend auf den Kirchturm geführt. Aber selbst danach waren sie noch hellwach,‘ berichtet Georg Lipps. Der Architekt und Patchwork-Familien-Vater ist mit seinen beiden Söhnen aus Nordrhein-Westfalen angereist, um mal in Ruhe Zeit mit ihnen zu verbringen. Auch die beiden anderen Familien sind aus dem Ruhrgebiet an die Nordseeküste gekommen. Für den fünfjährigen Jaden ein absoluter Überraschungstrip: Sein Vater hat ihm erst am Tag der Abreise beim Abholen aus dem Kindergarten verraten, dass sie zu zweit ein paar Tage verreisen.

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Es ist niemand im Museum zu finden, der die Gruppe erwartet. Also mal im Verwaltungsbüro im Erdgeschoss vorbeischauen und nachfragen… Aha, es gibt noch einen weiteren Standort des Sielhafenmuseums, ebenfalls am Hafen von Carolinensiel, genau gegenüber. Also laufen die sieben kleinen und großen Männer schnurstracks um den Hafen herum, wo Gudrun Messner bereits auf sie wartet. Die resolute Schiffskennerin beginnt ihre Einführung ins Thema der kommenden Stunden wie man es passender nicht machen kann: Sie lässt die Kids zunächst einmal die echten Kutter und Schiffe im Hafen erkunden.

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Im Inneren des Museums geht es dann fachkundig weiter. Einige Bau-Details der Modellschiffe kennen Marten, Bennet, Jaden und Matthias bereits, den Rest erklärt die Expertin kindgerecht.
Auf die theoretische folgt dann die praktische Einweisung für die anstehende Matrosen-Laufbahn: Schiffsknoten werden geübt. Gar nicht so einfach. Das grüne Band über das rote oder war es umgekehrt? Jaden grübelt und versucht es noch einmal von vorn. Papa Frank hilft, so viel wie nötig, so wenig wie möglich. Geschafft. Mit zufriedenem Gesicht streckt Jaden seinen fertigen Knoten in die Luft. Doch nicht nur väterliche Fürsorge und Hilfe ist gefragt, beim nächsten Knotentyp ist der Nachwuchs meistens schneller. Genugtuung in den kleinen Gesichtern, endlich kann man auch mal den Erwachsenen etwas erklären!

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Schiffsknoten zu beherrschen ist gut, den Weg über die Weltmeere zu finden noch besser. Daher lotst Gudrun Messner ihre Gruppe nun hinüber zum Kompass: ‚Wir nehmen jetzt mal Kurs auf Wangerooge, schließlich befinden wir uns tatsächlich nicht weit vom Fähranleger rüber auf die Insel entfernt.‘ Marten und Bennet steigen forsch auf das kleine Podest, das sie auf die richtige Höhe bringt und nehmen das Ziel ins Visier. Matthias sitzt währenddessen schon am benachbarten Tischchen und studiert die Seekarte. Rechnet. Und zeichnet sein Ergebnis ein. Eine Stunde ist seit dem Betreten des Museums vergangen und die Kinder sind noch immer konzentriert bei der Sache.
Auf die Kopf- folgt jetzt Handarbeit: Es geht hinab in den Pädagogikraum. Schneller Papa, sonst holt Dich der Klabautermann‘, scherzt Matthias beim Runterlaufen der Treppe. Unten angekommen finden die Familien auf zwei Werkbänken alle Materialien, die es zum Bauen eines Schiffskörpers braucht. Das sind erst einmal nur drei: Holz, Nägel und ein Faden. Und Werkzeug natürlich.

Zielstrebig nehmen Marten und Bennet die großen Hammer in ihre schmalen Vorschulkind-Hände. Das wäre doch gelacht… Sie hämmern konzentriert, doch nicht alle Nägel wollen so wie sie wollen. Papaaaa!‘ Auf den ist natürlich Verlass und so beugt sich Georg Lipps erst über den einen, dann den anderen Sprößling und bringt in Ordnung, was noch nicht ganz in Ordnung ist. Teamwork in der Bastelstube!

Im Nachbarraum setzt Jaden bereits die Segel. Sein kleines Schiff soll schließlich später beim Wettrennen an der Jugendherberge ordentlich Fahrt aufnehmen. Aber auch die anderen Jungs geben sich bei der Detailgestaltung Mühe. Das Holz wird verziert und über den Schiffsnamen sinniert. Feuerblitz!‘ schlägt Bennet vor. Traditionell muss es ein weiblicher Name sein‘, entgegnet Gudrun Messner amüsiert. Jadon entscheidet sich schnell: Aida soll sein Schiff heißen. Genauso wie das große Kreuzfahrtschiff. Das hab ich schon mal gesehen und möchte damit unbedingt mal fahren.‘

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Eine halbe Stunde später staunt ein echter Seebär an Deck eines Segelschiffes im Carolinensieler Hafen nicht schlecht: Vier Jungs laufen mit kleinen bunten Booten in der Hand freudig an ihm vorbei. In der jeweils anderen Hand: Die Urkunde für die absolvierte Matrosenausbildung. Die nächsten drei Stunden haben die Familien zur freien Verfügung, sie wollen natürlich an den Strand. Kein Problem, denn der ist nur 20 Lauf- oder 5 Autominuten entfernt in Harlesiel zu finden. Dort können sich die Kinder auch prima auf einem Spielplatz austoben.

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17 Uhr. Die vier Schiffchen dümpeln gemütlich auf der Wasseroberfläche. Es weht aktuell nur ein laues Lüftchen. Matthias seetüchtiger Eigenbau liegt klar vorn, die der Brüder Marten und Bennet haben sich irgendwie verhakt und absolvieren den Weg schleichend Seite an Seite. An welchem Ufer wird wohl das erste Schiff ankommen? Links oder doch direkt gegenüber? Momentan kann man darüber nur spekulieren und die Kinder laufen mal hierhin, mal dorthin. Plötzlich kommt Bewegung in die Situation, die kleinen Segel bekommen einen neuen Schwung Nordseeluft ab. Es ist Jadons Boot, das davon am meisten profitiert. Es steuert auf das Ufer zu, immer weiter. Die anderen auch, aber nicht schnell genug. Noch einen halben Meter, noch 30 Zentimeter, nur noch ein Stückchen… geschafft! Jadons Vater zieht den Eigenbau seines 5-jährigen Sohnes aus dem Wasser und reicht es ihm herüber. Gewonnen! Jadon kann es gar nicht richtig glauben.

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Als Verlierer verlässt aber natürlich niemand das Ufer. Elke Fischer von der Jugendherberge Esens-Bensersiel hat für alle vier Matrosen einen Gewinn vorbereitet. „Es ist schließlich nicht selbstverständlich, dass alle Schiffe am Ufer ankommen“, berichtet sie nach der Übergabe. „Hier im Wasser liegen einige Boote, die es nicht geschafft haben. Zur Freude der Schildkröte, die hier auch unterwegs ist.“

Mit den kleinen Überraschungsgeschenken unterm Arm stiefeln die Kids auf ihre Zimmer. Kurze Pause. Bevor später am Abend am Lagerfeuer beim frischen Stockbrot nochmals alle Details der Regatta durchgegangen werden. Dazu hat jeder frischgebackene Matrose sicher seine ganz eigene spannende Erinnerung…

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Das nächste Vater-Sohn-Wochenende in der Jugendherberge Esens-Bensersiel findet vom 13. bis 15.10.2017 statt. Von Harlesiel aus kann man übrigens prima nach Wangerooge schippern. Manchmal reichen dort schon 18 Stunden für ein wunderbares Inselerlebnis, wie Tobi bereits berichtet hat. Wer als Familie in der Jugendherberge eincheckt und auch mehr über Schiffsknoten, Plattbodenschiffe & Co. erfahren möchte, dem empfehle ich die Familienrallye „Mit dem Klabautermann auf Entdeckungsreise“ im Sielhafenmuseum.

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