Nachgehorcht bei… Friedhelm Forbriger aus unserem Vorstand

Zum Team der Jugendherbergen im Nordwesten gehört natürlich auch unser Vorstand. Ein Mitglied ist Friedhelm Forbriger. Er berichtet uns im Interview unter anderem von den Vorbereitungen zur Zirkusfreizeit für Flüchtlinge und verrät uns, welche Jugendherberge ihm besonders ans Herz gewachsen ist.

Forbriger

Herr Forbriger, wissen Sie noch, wann Sie das erste Mal in einer Jugendherberge waren?

Als ich als Schüler in der 5. oder 6. Klasse war (das ist nun allerdings auch schon über fünfzig Jahre her!), haben wir von Nordhorn aus eine Klassenfahrt in die Jugendherberge Bad Iburg, die damals noch hoch oben auf dem Dörenberg stand, gemacht. Ich erinnere mich eigentlich nur noch daran, dass wir mit vielen Jungen in riesigen Schlafsälen untergebracht waren (allerdings muss man dabei wohl berücksichtigen, dass einem als Kind die Dimensionen immer deutlich größer vorkamen, als sie vielleicht in Wirklichkeit waren). Der Eindruck, den ich dabei damals von unserem Lehrer bekam, war auch nicht gerade positiv, denn er bemühte sich leider vergeblich, dort im großen ‚Jungenzimmer‘ nachts für Ruhe zu sorgen.

Was hat sich seitdem Ihrer Meinung nach verändert und was macht heute noch wie früher den besonderen Charme aus?

Das kann man mit wenigen Worten gar nicht beschreiben! Es hat sich natürlich sehr viel verändert: Die Häuser in unserem Landesverband sind – fast alle – in einem recht guten baulichen Zustand, die Zimmer sind nicht mehr mit so vielen Betten belegt und verfügen überwiegend über eigene Nasszellen, das gesamte Innere der Häuser ist sehr ansprechend gestaltet und man merkt selbst bei den kleinsten Dekorationen viel Liebe zum Detail. Auch im Bereich der Verpflegung/Ernährung hat sich sehr viel getan, ist sie doch viel reichhaltiger, abwechslungsreicher und vor allem bewusst auch gesünder geworden. Dazu wird fast alles nur noch in Form eines Büfetts vorgehalten, wodurch jeder Gast seine Mahlzeit selbst relativ individuell zusammenstellen kann.
Den besonderen Charme macht natürlich weiterhin in den Jugendherbergen aus, dass sich hier Menschen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Herkunft – ob als Einzelreisende, in Gruppen oder Familien – treffen und dort im wahrsten Sinne des Wortes ‚Gemeinschaft erleben‘ können.

Welche Entscheidung oder welches Thema hat Sie in der bisherigen Vorstandsarbeit am meisten bewegt?

Wenn Häuser wegen negativer wirtschaftlicher Entwicklungen geschlossen werden müssen, dann sind das natürlich immer schwierige Entscheidungen, zumal es ja auch immer das Personal, also Menschen betrifft! Auch das Thema ‚DJH-Resort Neuharlingersiel‘ hat uns im Vorstand lange stark beschäftigt, doch war die Entscheidung für dieses Resort und damit einen neuen Weg in unserem Landesverband zu beschreiten, sicherlich sehr richtig!

Sie setzen sich stark für die Möglichkeit ein, dass auch Familien mit geringem Einkommen, Flüchtlinge oder auch Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen einen Aufenthalt in einer Jugendherberge verbringen können. Wie geschieht das konkret?

Als erstmals in unserem Landesverband in den Sommerferien 2014 Kinder- und Jugendfreizeiten angeboten wurden, hatte ich die Idee, dass daran eigentlich auch Kindern aus Familien mit geringem Einkommen eine Teilnahme ermöglicht werden müsste. Mit dieser Idee bin ich zum Landkreis Emsland marschiert und konnte so erreichen, dass diese Ferienmaßnahmen seitens des DJH-Kreisverbandes Emsland und des Landkreises Emsland hoch bezuschusst werden. Und so erleben regelmäßig Kinder und Jugendliche aus diesen Familien mit Gleichaltrigen ein paar unbeschwerte Ferientage, die sie sich sonst nicht leisten könnten. Für die Flüchtlingskinder haben wir uns eine besondere Maßnahme ausgedacht: Unter Mithilfe der Programmentwicklerin Biggi Hägemann aus unserer Geschäftsstelle konnte im Jugend- und Kulturgästehaus Koppelschleuse in Meppen eine Zirkusfreizeit angeboten werden. Über die Wohlfahrtsverbände, über alle Bürgermeister der Kommunen sowie über alle Schulen im Landkreis Emsland wurde dieses Angebot kommuniziert. Über die Presse wurde zu Geldspenden aufgerufen und über den Kreisfußballverband Emsland wurden alle Sportvereine angeschrieben und die Sportler im Emsland gebeten, gut erhaltene gebrauchte Sportkleidung zur Verfügung zu stellen. Der örtliche Sportverein LAV Meppen beteiligte sich mit seinen Kindern und Jugendlichen am Programm (mit u.a. Rhönradturnen und Waveboardfahren). Alles das war sehr erfolgreich und die Kinder konnten unter fachkundiger Anleitung von MitarbeiterInnen des Theaterpädagogischen Zentrums Lingen ein paar tolle Tage erleben.

Sie sind auch für das Junior-Coach-Projekt des Niedersächsischen Fußballverbandes ehrenamtlich im Einsatz. Was verbirgt sich dahinter?

Der Niedersächsische Fußballverband bildet seit einigen Jahren 14 bis 18 Jahre alte Mädchen und Jungen zu Fußballassistenten, so genannten Junior-Coaches, aus. Davon gibt es inzwischen fast 2000 in ganz Niedersachsen, die anschließend mit ihrer Ausbildung in der Schule (in einer Arbeitsgemeinschaft o. .) oder im Sportverein in der Jugendarbeit tätig werden können. Gleichzeitig kann das der Einstieg sein in eine Trainer-C-Ausbildung.
Einige Interessierte dieser Junior-Coaches haben wir Ende Mai in einem speziellen Lehrgang geschult, damit sie wiederum die Fußballcamps in der Jugendherberge Aurich oder die Beach-Soccer-Wochenenden, die seitens des DJH-Landesverbandes in Esens-Bensersiel angeboten werden, fußballfachlich begleiten und mit den Teilnehmern am Strand entsprechend trainieren und spielen können.
Als Landesverband ergibt sich durch diese Zusammenarbeit auch noch für uns die Möglichkeit, mit jungen Leuten über ihre Vorstellung vom Reisen und von Aufenthalten in Jugendherbergen ins Gespräch zu kommen und so von ihnen Vorschläge für Veränderungen zu erhalten und diese möglicherweise zu realisieren.

Zusammen sportlich in Bewegung kommen – ist das heute tatsächlich weniger en vogue als früher?

Das kommt sicherlich ganz auf das Alter, die angebotenen Sportarten und wohl auch auf die örtlichen Gegebenheiten an! Ich habe festgestellt, dass immer dort, wo das Angebot zum Sporttreiben in den Vereinen ‚zielgruppenorientiert‘ und breit aufgestellt ist und von motivierten, gut ausgebildeten Übungsleitern präsentiert wird, auch die Bereitschaft zum ‚Sport im Verein‘ groß ist. Dieses funktioniert umso mehr, je mehr der Verein einen gewissen Zusammenhalt durch ein familiäres Miteinander erzeugen kann. Daneben gibt es natürlich auch einen großen Trend zum individuellen Sporttreiben im Fitness-Center, denn dort kann ich die Zeiten und Intensitäten für mich selbst bestimmen, ohne mich an feste Übungs- und Trainingszeiten halten zu müssen.

Was würden Sie Eltern raten, deren Kinder sich nicht so recht zum Sport aufraffen können?

Das ist schwierig und es kommt sicherlich auch darauf an, wie gut die körperlichen Voraussetzungen bei den Kindern sind. Aber: Integration gelingt im Sport am besten! Das gilt für Kinder, die den Zugang zu einer Gruppe noch nicht gefunden haben, das gilt für Personen, die sich wegen Umzugs in einer neuen und fremden Umgebung zurechtfinden müssen, das gilt aber ganz besonders auch für unsere ausländischen Mitbürger/innen, denen durch den ‚Sport im Verein‘ das Hineinwachsen in die örtliche Gemeinschaft sehr erleichtert werden kann.
Dieses sollten Eltern beherzigen und ihren Kindern möglicherweise – wenn es nicht anders geht – ein gutes Vorbild sein und sie somit gemeinsam zum Sporttreiben animieren. Auch kann der Sport im Verein sehr zur Sozialisation der Kinder beitragen und damit ihr Selbstbewusstsein stärken. In meiner langjährigen Zeit als Vorsitzender der Sportjugend Emsland und der Bezirkssportjugend Weser-Ems habe ich immer den Grundsatz ‚Sport ist im Verein am schönsten‘ vertreten, und dazu stehe ich heute noch!

Verraten Sie uns doch zum Abschluss noch Ihren Lieblingsort: Welche Jugendherberge ist Ihnen besonders ans Herz gewachsen und warum?

Oh jeh! Das ist schwer zu beantworten! Ich habe als Schüler selbst bereits mehrere Jugendherbergen erlebt, dann als Lehrer mit meinen Klassen natürlich viele Aufenthalte in unterschiedlichsten Häusern durchgeführt. Zusätzlich sind wir viele Jahre lang mit einem Freundeskreis bei Wochenendradtouren in vielen Jugendherbergen im Nordwesten gewesen. Auch als Vorstandsmitglied im Landesverband Unterweser-Ems habe ich auf Tagungen etc. viele gute Häuser kennengelernt. So gesehen habe ich sehr viele unterschiedlichste Eindrücke von Nord bis Süd und von West nach Ost, von Hamburg bis Garmisch-Partenkirchen oder Mittenwald, von Trier bis Pirna oder Prora, erhalten. Als Emsländer bin ich aber natürlich auch besonders stolz auf die mehrfach ausgezeichnete Jugendherberge Lingen mit ihrem besonderen Profil als Umweltjugendherberge und auf das Jugend- und Kulturgästehaus Koppelschleuse Meppen.

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