Lachen, tanzen, gemeinsam erinnern: So emotional war das OLB Club-Konzert in der Jugendherberge Meppen
Das OLB Club-Konzert in der Jugendherberge Meppen – ein emotionaler Höhepunkt nach fünf Jahren, in denen die Wingenfelder, die Oldenburgische Landesbank und die Jugendherbergen im Nordwesten mit ihrem gemeinsamen Projekt immer wieder unvergessliche musikalische Momente geschaffen haben. Wie es vor, auf und hinter der Bühne war, haben wir für Euch festgehalten.
„So Jungs, wollen wir?“ Thorsten Wingenfelder schaut erwartungsvoll in die Runde. Im Speiseraum der Jugendherberge Meppen, der an diesem Freitagabend als Konzertsaal dient, stehen die Menschen bereits dicht an dicht; im Backstage-Bereich, in den Thorsten Wingenfelder gerade gekommen ist, wuseln jetzt alle Musiker durcheinander, schnappen sich das, was sie für ihren Auftritt brauchen und bilden schließlich einen Kreis rund um die Wingenfelder-Brüder. „Mhhhhhhhhhhhmmmmmmmhhhh“, summen sie, ganz tief, die Augen geschlossen. „Das ist unser allerletzter Abend gemeinsam als Band für mindestens ein Jahr“, sagt Bassist Volker Rechin dann nachdenklich. „Wer weiß, ob wir jemals wieder so zusammenkommen.“ Betretenes Schweigen, für einen kurzen Moment. Die Männer nicken sich aufmunternd zu. „Packen wir´s!“, meint Kai, und dann geht´s unter tosendem Applaus auf die Bühne.
Es ist der vorerst letzte große Abend einer fünfjährigen Erfolgsgeschichte: Gemeinsam mit der Oldenburgischen Landesbank und den Jugendherbergen im Nordwesten haben die Wingenfelder in den vergangenen Jahren in intensiven Workshops junge Talente gefördert und sich selbst an emotionalen Club-Konzerten mit vielen bekannten Gastkünstlern herausgefordert. Musik, ehrliche, handgemachte Musik stand dabei immer im Mittelpunkt. Weil die Wingenfelder-Brüder 2017 aber mit ihrer Band Fury in the Slaughterhouse ihr 30-jähriges Bühnenjubiläum mit vielen – oft bereits ausverkauften Shows – feiern, wird dieser Auftritt in der Jugendherberge Meppen der vorerst letzte in diesem Rahmen sein. Mehr als 200 Fans sind aus ganz Deutschland angereist, um ihn noch einmal in vollen Zügen zu genießen.
Eine von ihnen ist Tina. Die Pädagogin aus Oldenburg ist ein echter Fan der Wingenfelder, auf vielen Konzerten war sie bereits dabei, und für vier der Fury-Konzerte im nächsten Jahr hat sie sich auch Tickets gesichert. Als sie ihren Idolen im Frühjahr beim OLB-Clubkonzert in der Jugendherberge Damme mit Gastkünstler Henning Wehland zujubelte, lernte sie Kerstin aus Braunschweig kennen. Heute wollen sie den Abend gemeinsam genießen, der zudem ein ganz besonderer ist: Tina feiert ihren Geburtstag. Warum sie ihren Ehrentag unbedingt in Meppen verbringen will? „Die OLB-Konzerte sind immer der Wahnsinn“, sagt sie strahlend. „Da passiert so viel zwischen den Musikern und dem Publikum, da wird improvisiert – das macht einfach Spaß.“ Wingenfelder seien mit ihrer Art, Musik zu machen, aus ihrer Sicht auch ein absolutes Vorbild für Nachwuchsmusiker, meint die Pädagogin, deren 15-jähriger Sohn selbst auch Musik macht. „Das ist etwas Gutes: friedlich, gemeinschaftlich, bodenständig. Das findet man heute selten.“
Tina steht in der ersten Reihe, direkt vor der Bühne. Die Wingenfelder sind hier zum Greifen nah, keine Absperrung, kein Graben trennen sie von den Fans. Nähe zulassen – auch das gehört zu dem besonderen Konzept dieser Abende. Nebel wabert über die Köpfe der Masse, die jetzt zu den ersten Klängen des Songs „Brüder“ wippen.
In die Glasscheiben, die den Speisesaal vom Flur trennen, sind Worte eingelassen. „Umgebung“, steht dort unter anderem, und „Einfügen“. Und, gleich daneben: „Übergang“. Begriffe wie diese finden sich an mehreren Stellen im Haus, das mit seiner von Bauhaus inspirierten Architektur selbst ein Kunstwerk ist. An diesem Abend passen sie besonders, ist er doch einer der letzten Schritte der Wingenfelder beim Übergang zu Fury. „Wir könnten traurig sein, dass dieses großartige Projekt, das unsere vergangenen Jahre sehr geprägt hat, jetzt erst einmal vorbei ist“, sagt Kai Wingenfelder. „Aber heute Abend feiern wir einfach mal, was wir damit alles Schönes erlebt haben.“
Zum Beispiel den Workshop in der Jugendherberge auf Borkum, den Thorsten Wingenfelder, wie er wenig später erzählt, noch ganz besonders in Erinnerung hat. „Ich habe Musik selten so intensiv und authentisch erlebt, wie dort“, sagt er. Dann lüftet er seinen Hut, fährt sich mit der Hand über die schweißnasse Stirn. „Das hier, was wir hier machen – das ist echte Musik. Singen, schwitzen, Angst haben. Hoffen, dass Songs den Raum füllen, dass etwas entstehen kann.“ In der Jugendherberge Borkum haben die Wingenfelder auch Cathy kennen gelernt, eine 18-jährige Nachwuchsmusikerin, die nach ihrem Auftritt zwei Tage zuvor in Oldenburg als Überraschungsgast nach Meppen gekommen ist. „Cathy macht genau so eine Musik.“ Während sie ihre überwiegend selbst geschriebenen Songs mit zarter Stimme singt, steht Thorsten hinter dem Boxenturm und wippt begeistert zur Musik mit.
Das Klatschen des Publikums hallt über die Gänge. Ingo Pohlmann hört es nur ganz dumpf im Backstage. Der Gastkünstler des Abschlusskonzerts hat bereits zwei Tage zuvor mit den Wingenfeldern die historische OLB-Filiale in Oldenburg gerockt. Jetzt nutzt er die letzten Minuten vor seinem Auftritt, um sich noch einmal ganz für sich vorzubereiten. Vor ihm auf dem Tisch kleben zwei Post-its mit den Titeln, die er an diesem Abend performen will. Einer davon heißt „Atmen“, und Pohlmann singt ihn, ganz leise, beinahe flüsternd, den Blick auf den Boden gerichtet vor sich hin, während er die Saiten seiner Gitarre anschlägt. Vor jedem Konzert sei er angespannt, sagt er. „Man ist positiv nervös“, erklärt Pohlmann, „man fängt ja immer wieder von Neuem an: Jede Vorstellung, die man von dem Abend hat, muss man erst einmal herunterfahren, und sich neu darauf einlassen. Und dann muss man über die Musik den Kontakt zu den Leuten kriegen – das ist eine Herausforderung, das kann man nicht proben.“
Plötzlich kommt Volker Rechin in den Raum gestürzt. „Alter, Ingo, wir warten auf Dich“, ruft er lachend. „Du bist dran!“ Pohlmann, eben noch völlig versunken in seinen Song, blickt erschrocken auf, greift sich seine Post-it´s und stolpert hinter dem Bassisten hinterher Richtung Bühne. Der nimmt Pohlmann noch einmal kurz in den Arm, klopft ihm auf die Schulter und sagt: „Ey, ich freu mich echt, dass Du dabei bist!“
Der Kontakt zum Publikum gelingt sofort. Ob Klassiker wie „Fliegende Fische“ und „Der Junge ist verliebt“ oder ganz neue Songs vom im März erscheinenden Album „Weggefährten“ – die Zuschauer tanzen, wo sie tanzen können und lauschen dort, wo es ruhiger wird. Vor Aufregung spielt Pohlmann einen Song mehr als geplant – aber macht nichts, es ist schließlich der letzte Abend. Und beim OLB MUSIK-CAMP ist alles möglich.
Die Wingenfelder kommen zurück auf die Bühne und spielen „Klassenfahrt“. „Das passt, irgendwie“, kommentiert Kai Wingenfelder. Gerade noch haben sie im Backstage wie zu Schulzeiten Tischtennis gespielt, er selbst übernachtet später in einem der Zimmer mit Stockbett. Die Stimmung unter den Männern – „sie ist wie auf Klassenfahrt, einfach schön“, sagt Kai.
Aber auch Klassenfahrten gehen vorbei. Und nicht selten ist das auch ein etwas schmerzhafter Moment des Abschieds, nachdem man so viel Zeit zusammen verbracht hat. „Wir werden jetzt als Band mindestens 15 Monate nicht zusammen spielen“, bedauert Kai. Und Thorsten ergänzt: „Wir hören genauso auf, wie wir mit dem Projekt angefangen haben: Wir haben keine Ahnung, was uns als nächstes erwartet.“
Nach dem Fury-Klassiker „Time to wonder“ ist es dann bereits Zeit für den letzten Song des Abends: „Star Wars“ von Pohlmann, in einer ganz speziellen gemeinsamen Version. Ein Lied, das Thorsten Wingenfelder berührt hat. „Wenn wir irgendwann mal sechs deutsche Songs covern dürfen – dann ist `Star Wars` auf jeden Fall dabei“, betont Thorsten. Während die Musiker spielen, kommen zwei Fans – unabgesprochen – mit Laser-Schwertern in den Raum und wiegen sich mit dem Rest des Publikums im Takt.
Nach dem Konzert verbringen die Künstler noch etwas Zeit mit ihren Fans. Pohlmann spielt auf der Gitarre eines kleinen Mädchens, die – wie sein Instrument auch – mit einem großen Vogel-Aufkleber verziert ist und die er unterschreiben sollte. Dann geht es für die Jungs wieder zurück in den Backstage-Bereich, um die Eindrücke des Abends sacken zu lassen. „Du spielst tierische Solos“, sagt Pohlmann anerkennend zu Thorsten Wingenfelder. Der Abend selbst wird ihm in Erinnerung bleiben. „Ich habe echt das Gefühl, dass Du die Menschen hier noch erreichen kannst mit Musik, die sind total bereit, sich auf Dinge einzulassen.“ Thorsten stimmt ihm zu. „Das geht mir ja genauso: Beim OLB MUSIK-CAMP kann ich mich auch mal an Dinge heranwagen, die ich noch nie gemacht habe. Das heute war echt ein runder Abend.“
Gekrönt wird er nur noch vom Höhepunkt zu Mitternacht: Mit dem neuen Tag beginnt auch Kai Wingenfelders Geburtstag. Das Jugendherbergsteam überreicht ihm eine Torte mit Wunderkerze, die helle Funken sprüht, während ihm die anderen Musiker und einige Fans ein Geburtstagsständchen singen. „Das ist schon mein zweiter Geburtstag in der Jugendherberge Meppen“, sagt Kai lachend. Das erste Mal ist genau fünf Jahre her. Wer weiß, vielleicht ist es auch nicht das letzte Mal. Und dass das auch für die OLB Club-Konzerte gilt, das wünschen sich wohl auch viele der Fans.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmern, Zuschauern und Zuhörern der OLB MUSIK CAMPS der vergangenen fünf Jahre – es war eine tolle Zeit! Wer noch einmal schauen will, was wir gemeinsam alles auf die Beine gestellt haben, kann sich hier durch unsere Blogberichte von den Konzerten und Workshops klicken. Um zu erfahren, ob, wann und wie es mit dem Projekt weitergeht, folgt einfach unserer Facebook-Seite.
Fotos: Björn Reschabek
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