Wassersport auf dem Sorpesee: Segelnde Hunde und surfende Angsthasen

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24 Stunden in der Jugendherberge am Sorpesee und Euer Wortschatz ist um mindestens genauso viele Wassersport-Vokabeln reicher – versprochen! In der Jugendherberge im Hochsauerland hat die Frage ‚Klar zur Wende?‘ nämlich nichts mit dem Mauerfall von 1989 zu tun und die Aufforderung ‚Hand an die Gabel‘ nichts mit Tischmanieren. Am Sorpesee findet Ihr statt dessen mit diesen Sätzen bei Seglern und Surfern Gehör. Und genau unter diese Sportgruppen habe ich mich vor zehn Tagen gemischt. Ich, auf die der Begriff ‚ Wasserratte‘ so gar nicht zutrifft.

Nicht falsch verstehen: Ich bin echt gern AM Wasser. Strandspaziergänge an der Nordsee, Picknick am Bootssteg, Radtouren an Flüssen – herrlich. Auf und vor allem IM Wasser bin ich allerdings nicht ganz so gern. Sobald ich keinen Boden mehr unter den nassen nackigen Füssen spüre und die Sicht nach unten abnimmt, beschleicht mich ein mulmiges Gefühl und ich mutiere zum Angsthasen. Vermutlich ist das der Grund, warum sich meine Wassersport-Erfahrungen bislang auf gemütliches Tretbootfahren beschränkten. Seit einigen Tagen ist das anders: Ich habe die Jugendherberge am Sorpesee für genau 24 Stunden besucht und war in dieser Zeit sowohl auf einer Segelyacht als auch auf dem Surfbrett unterwegs.

Segelnde Hunde: Ein Feierabend-Törn auf dem Sorpesee

‚Freitagnachmittags bieten wir in Kooperation mit Sail Point ein Feierabendsegeln an. Wenn Du pünktlich bei uns bist, kannst Du noch mit aufs Boot.‘ Die Worte von Marco Nase von der Jugendherberge am Sorpesee klingen mir laut und deutlich im Ohr, als ich mit dem Auto im prasselndem Regen mit wild rotierenden Scheibenwischern im Stau auf der A1 stehe. Es ist Freitag und die Uhr tickt unaufhörlich vorwärts, der Verkehr nicht. Das Navi ist und bleibt aber zuversichtlich: geplante Ankunftszeit 16:03. Und tatsächlich schaffe ich es rechtzeitig an mein Ziel, der Regen hingegen nicht. Er verfängt sich in den Sauerländer Wäldern, die den Sorpesee einrahmen, und schickt lediglich mahnenden dunklen Wolken übers Gewässer. Der Törn kann wie geplant stattfinden.

Marco und ich nehmen aufgrund der zeitlichen Enge das Auto um die zwei Kilometer rüber zu Sailpoint zu fahren. Mit dem Fahrrad oder Inline-Skates wäre es genauso möglich gewesen: Auf der Gesamtlänge von 15 Kilometern, die einmal um den Stausee führen, gibt es einen asphaltierten Radweg, der von Skatern ebenfalls gern genutzt wird. Kurz nach halb fünf spazieren wir über den Bootsanleger, an dem Sail Point drei Boote liegen hat. Sail Point, das sind Matthias und Rudolf, die erst Ende vergangenen Jahres die Entscheidung trafen, am Sorpesee eine kleine Segelflotte anzubieten. Für sie ist es eine Herzensangelegenheit, die sie nebenberuflich betreiben. Rudolf beispielsweise ist hauptberuflich als Projektmanager tätig. ToDos, Zeitpläne, Informationsübergaben und Besprechungen prägen seinen Arbeitstag. Für ihn ist das Segeln der ideale Ausgleich geworden – und den möchte er zusammen mit Matthias auch anderen bieten. Wassersport-Einsteigern ebenso wie Segelschein-Inhabern, die schon allein aufs Wasser können, dafür aber eine Yacht benötigen.

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Marco und ich sind blutige Anfänger, daher ist das Feierabend-Segeln genau das richtige für uns. Wir dürfen nämlich in erster Linie entspannt mitsegeln, uns am Anblick der bewaldeten Ufer des Sees sattsehen und fasziniert darüber staunen, woher die beiden Experten wissen, dass gleich eine Böe kommt und es „von Backboard nach Steuerboard knallt.“ Noch eine Anfängerin ist an diesem Tag mit uns unterwegs: Toula, Matthias Hündin. Mit umgeschnallter Schwimmweste leistet sie uns bei ihrem allerersten Segeltörn geduldig Gesellschaft. Auch wenn der Wind etwas lauter in das Segel scheppert und das Boot plötzlich schräg auf dem Wasser steht – Toula behält die Nerven. Wir auch. Mir persönlich machen diese Situationen sogar eine Menge Spaß.

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Als ich dann selbst mal an die Pinne darf, ist es allerdings nahezu windstill. Vielleicht auch besser so, denn einen Punkt am Ufer zu fixieren, gleichzeitig immer mal wieder nach oben ans Ende des Mastes schielen, um dank Richtungspfeil die aktuelle Windrichtung zu erkennen, und auf Veränderungen zu reagieren, indem man die Richtung des Bootes verändert – ja, das muss man doch erst einmal verstehen. Oder besser noch: intuitiv verinnerlichen.

Beim Segeln rücken Fremde mit dem ersten Schritt an Bord eng zusammen. Unsere Segelyacht „Enterprise“ bietet bis zu sechs Personen Platz, doch bereits zu dritt oder viert lässt es sich nicht vermeiden, dass man übereinander kraxelt, beim Kopf einziehen dicht an den Sitznachbarn heranrutscht und im Nu das Gefühl hat, mit Freunden unterwegs zu sein. Was in einem deutschen Linienbus merkwürdig anmutet, ist beim Segeln kein Problem: Distanzlosigkeit. Im Gegenteil: Sie ist der Schlüssel zu einem fröhlichen und ungezwungenen Beisammensein. Ohne viel voneinander zu wissen, hatten wir eine verdammt gute Zeit auf dem See mit Rudolf, Matthias und Toula. Haben einige Grundlagen des Segelns erfahren, durften selbst steuern und genossen das Gefühl, gerade Urlaub im Norwegen zu machen. Denn genau daran erinnert der Sorpesee im Abendlicht: an norwegische Fjorde. Und das mitten im Sauerland – das hätte ich nicht für möglich gehalten.

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Einen Blick auf die Jugendherberge Sorpesee können wir beim Feierabendsegeln natürlich auch werfen. Es gibt nichts, aber auch gar nichts, was den Blick auf das Haus mit 40 Zimmern verstellt. Aktuell hat der Stausee einen extrem flachen Wasserstand, in Spitzenzeiten schwappt das Wasser bis unter den Balkon der Gemeinschaftsräume, auf dem Gäste bei ihren Mahlzeiten Seeblick genießen können.

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Das zeitliche Ende des Feierabendsegeln ist stets offen. Der Wind, das Wetter und die Laune an Bord entscheiden, wann Matthias und Rudolf den Anleger beim Nordic Ferien-Park Sorpesee wieder ansteuern. Wir „parken“ gegen 19.30 Uhr ein und räumen die vielen Seile zusammen. Danach heißt es: Kurs aufs „Meilenweit“ für einen Seglerschluck zum Abschluss. Wie sich das gehört!

Surfender Angsthase: Windsurfing auf dem Sorpesee

Nächster Tag, nächste Herausforderung. Heute kann ich mich nicht entspannt zurücklehnen, während mich andere übers Wasser schippern. Marco ist als moralische Unterstützung auch nicht an meiner Seite, er kümmert sich an diesem Vormittag an der Rezeption um alle Fragen und Wünsche der Gäste. Und davon gibt es an diesem Wochenende so einige: Das Haus ist gut gefüllt mit Familien und Sportgruppen, die am Abend zuvor noch lange auf dem Fußballplatz gekickt, auf der Außenterrasse gesellig etwas getrunken und vom Ufer aus Steine über den dämmerigen See hüpfen lassen haben.

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Einige von ihnen erkenne ich wieder, als ich gegen 11 Uhr an der VDWS-Surfschule stehe, die sich direkt im Haus befindet. Ein Schnupperkurs im Windsurfen steht an. Vor meinem geistigen Auge sehe ich mich schon, wie ich dutzende Male verzweifelt versuche, das Segel vom Wasser in die Senkrechte zu wuchten und dabei kopfüber in den 18 Grad kalten See plumpse, auf dessen Grund ich nicht mehr schauen kann. Ob das wohl eine gute Idee war, mich anzumelden?

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Bevor ich in letzter Sekunde kneifen kann, höre ich schon die Worte zur Begrüßung von Antonia und Karen. Die beiden Surflehrerinnen sorgen in den kommenden zweieinhalb Stunden dafür, dass wir auf dem Trockenen üben, was später auf dem Wasser gelingen soll: Lossurfen vom Ufer auf den See. Mit Segel in der Hand versteht sich.

Wie bei vielen Wassersport-Arten ist die erste Zeit erst einmal dafür da, Material und sich selbst startklar zu machen. Konkret heißt das in meinem Falle: mich in einen Neopren-Anzug quetschen und gemeinsam mit Karen mein Brett runter an den See bringen.

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Bevor es aufs Brett und auf Wasser geht, hat unsere Schnuppergruppe aber einige Trockenübungen zu absolvieren. Zunächst stehen wir brav aufgereiht an je einem Segel. Herrje, die sind ja nicht gerade handlich und klein… Wir lernen, dass die Grifstange „Gabel“ heißt, wie das Segel so sicher aufrecht steht, dass wir es für die Zeit einer Umdrehung um die eigene Achse loslassen können, ohne dass es umfällt. Wir lernen, dass Gas geben am besten durch „dichtholen“ funktioniert und dass das durchsichtige Fenster im Segelmaterial seinen Sinn hat.

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Im Anschluss kommt dann das Brett dazu, auf dem das Segel beim Start ja erst einmal in aufrechte Position gebracht werden muss. „Als erstes kniet Ihr Euch hin und greift die Aufholleine“, erklärt Maren, während sie die einzelnen Schritte demonstriert. „Aufstehen, den linken Fuß auf den Schwertkasten, den rechten rechts vom Mast abstellen. Die Aufholleine zieht Ihr Euch dann ran und nehmt den Mast unterhalb der Gabel in die rechte Hand. Arm bleibt erst einmal gestreckt. Segel dann ranziehen, rechten Fuß nach links stellen, rechte Hand an die Gabel und in Fahrtrichtung drehen.“ Soweit, so einfach – jedenfalls wenn man Karens versiertem Ablauf folgt.

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Wir sind alle einmal dran und so stehe auch ich kurze Zeit später auf dem Brett. Wie war das? Erst Fuß umstellen oder erst ranholen? Wohin drehe ich die Schulter? Was bei Maren instinktiv klappt, ist bei mir noch recht holprig und kopfgesteuert. Und wie ich eine Viertelstunde später merke, ist es beim Surfen keine ideale Voraussetzung, den Kopf permanent einzuschalten. Der sagt mir nämlich, nachdem Antonia uns alle hat bäuchlings auf dem Surfbrett in die Mitte des Sees paddeln lassen, permanent eins: „Du. Willst. Nicht. Ins. Wasser. Fallen.“ Dicht gefolgt von: „Du. Wirst. Bei. Einer. Unachtsamen. Bewegung. Auf. Jeden. Fall. Ins. Wasser. Fallen.“ Das Wasser unter mir ist dunkel, was genau sich unter meinem Surfbrett befindet , weiß ich nicht. Wie sich 18 Grad kaltes Wasser im Neopren anfühlen, auch nicht. In beiden Fällen habe ich Angst, der Sache weiter auf den Grund zu gehen.

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Dementsprechend zögerlich fallen meine Versuche auf, auf dem Brett hin- und herzulaufen, mich auf ein Bein zu stellen und zu hüpfen. „Jetzt macht Ihr das mal mit geschlossenen Augen“, ruft Antonia zu uns herüber. Ich schummle und blinzle immer wieder durch meine Wimpern. Bloß nicht reinfallen. „So, und jetzt springt Ihr alle vom Brett aus ins Wasser.“ Waasss? Ich hab mich wohl verhört?!

Nein, Antonia meint es Ernst. Zum Glück: Denn nachdem ich den Sprung ins unbekannte Nass erst einmal absolviert habe, ist mir alles egal. Nass bin ich schon, vom Hai wurde ich komischerweise auch nicht gefressen – dann kann ich jetzt ja auch mal mutig hüpfen. Und mal unterm Brett durchtauchen.

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Wir paddeln zurück ans Ufer. Es ist an der Zeit, die Segel anzubringen und den ersten echten Start zu probieren. Also wieder ab nach oben zur Surfschule gelaufen, Segel geschnappt und wieder runter. Antonia und Maren weisen uns passende Bretter und Segel zu, danach dürfen wir es versuchen. Ich lasse erst einmal dem Rest der Gruppe den Vortritt. Und bin beeindruckt, wie gut es bei allen klappt. Der ein oder andere fegt geradezu auf den See, so dass Antonia und Maren ein klares „Stop“ rufen müssen, damit das Segel losgelassen und der Surfausflug damit beendet wird. Schnell merkt man: Das ist nichts nur aus Gründen der allgemeinen Sicherheit, sondern auch für die individuelle Kondition besser so. Zurück zum Ufer zu schwimmen, mit Segel und Surfbrett im Schlepptau, ist nämlich gar nicht so einfach und dauert deutlich länger als der surfende Weg hinaus auf den See.

Und dann bin ich dran. Ich schiebe das Brett ins Wasser, bis ich selbst bis zur Hälfte darin stehe. Ich stoße mich ab und springe mit den Knien aufs Brett. Jetzt wird es spannend: Aufstehen, Aufholleine greifen, Segel hochziehen, Gabel greifen… Es klappt, ich werd verrückt!

Noch bevor ich die Schritte konzentriert zu Ende führen kann, flitzt das Brett mit mir obendrauf schon los. Huch – das geht mir jetzt doch etwas zu schnell. Ich lasse das Segel fallen. Der Angsthase in mir gewinnt die Oberhand. Ich ziehe schwimmend und schnaubend Segel und Brett zurück ans Ufer. Nochmal von vorn.

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Ich probiere es ein zweites Mal. Und wieder klappt es, ich kann es kaum fassen. Dieses Mal kann ich sogar alle Schritte in Ruhe und kontrolliert durchgehen, bevor mich der Wind nach draußen trägt. Wahnsinn! Ich höre mich ein glückliches „Wuhuuu“ in die Böe rufen und bin im nächsten Moment ein bisschen betrübt: Wie alle anderen zuvor muss auch ich die Gabel loslassen, um nicht zu weit hinauszusurfen. Schade!

14 Uhr, ich lasse den Neoprenanzug, aus dem ich mich ächzend gepellt habe, in eine Tonne mit Reinigungswasser gleiten. Die Surfbretter sind wieder verstaut, alle Kursteilnehmer trocknen sich mit ihren Handtüchern ab. Ich schiele erst auf die SUP-Bretter, dann auf die Uhr. Nein, eine dritte Wassersport-Art werde ich bei diesem Kurzaufenthalt nicht ausprobieren können.

Für ein Eis ist aber noch Zeit. Ich suche im Aufenthaltsbereich der Jugendherberge eins aus der Eistruhe heraus und setze mich auf den sonnigen Balkon. Auf dem See ist mächtig Betrieb: zig Stand Up-Paddler, noch mehr Segelboote. Das Zitroneneis schmilzt auf meiner Zunge, meine Beine, die in einer kurzen Hose stecken, wünschen sich Sonnencreme. Und erneut frage ich mich: Wieso war ich noch nie zuvor im Sauerland?

Wenn Ihr für Euren Trip in die Jugendherberge am Sorpesee ein Wassersport-Angebot buchen möchtet, steht Euch das Team der Jugendherberge gern beratend zur Seite. Einen Überblick Über die verschiedenen Angebote findet Ihr außerdem auf den Websites von Sail Point und Mr. Move. Ihr seid eher der kurzfristige Typ? Macht nichts, spontane Terminabsprachen vor Ort klappen in der Regel auch. 

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