Streuobstwiese als blühendes Paradies für Gäste und Tiere | Erlebnis Nachhaltigkeit
Diese Burschen haben eine Mission: Es soll blühen, summen und schmecken. Ausgerüstet mit Spaten, Gartenschere und Gießkanne eroberten Siebtklässler der Oberschule Lorop gestern das Gelände an der Jugendherberge Thülsfelder Talsperre, um Bäume für eine Streuobstwiese zu pflanzen. Mit hochgekrempelten Armen packten alle mit an und verwirklichten damit nicht nur eine Herzensangelegenheit von Hausleiterin Ursula Hybz, sondern leisteten auch einen Beitrag für das Öko-System der Region und für die Nachhaltigkeit-Aktivitäten der Jugendherbergen im Nordwesten.
Obstanbau gestern und heute
Doch wie geht das denn mit so einer Streuobstwiese? Und was genau ist das eigentlich? Das erklärten Dr. Karin Geyer, Leiterin des Umweltzentrums Vress, und Sabine Washof vom BUND Niedersachsen nicht nur den Schülern, sondern auch mir. Denn um ehrlich zu sein hatte ich Stadtkind auch nur eine vage Ahnung, was sich hinter dem Begriff verbirgt. Wieso „Streu“obst? Wer streut denn da was und warum? Die Antwort ist einfacher, als ich es angenommen habe: Der Begriff geht zurück auf die lockere Anordnung ganz verschiedener Bäume, die in weitem Abstand verstreut auf der Fläche stehen. Es ist die traditionelle Form des Obstanbaus, die heute aber fast vollständig vom modernen intensiven Anbau verdrängt ist. Heute dominieren Obstplantagen die Landschaft, auf denen meist nur eine Sorte Obst angebaut wird und niedrigstämmige Bäume gepflanzt sind. Die niedrigstämmigen Sorten, so erklärt mir Sabine Washof, tragen bereits nach einem Jahr zum ersten Mal Früchte, während bei hochstämmige Obstbäume auf den Streuobstwiesen mindestens sieben bis acht Jahre bis zur ersten Ernte vergehen. „Hochstämmig“ heißt übrigens, dass frühestens auf einer Stammhöhe von 1,80 Meter die Baumkrone beginnt.
Noch ein anderes Merkmal kennzeichnet die stark vom Aussterben bedrohten Biotope: Durch die lockere Anordnung verschiedener Obstbäume dient des Gelände der Ober- und der Unternutzung: Sowohl auf dem Boden als auch in und an den Bäumen tobt das ökologische Leben. Streuobstwiesen sind wichtige Lebensräume für verschiedene Tiere, allen voran Insekten und Vögel. Honigbienen tummeln sich dort besonders gern – und das ist auch gut so, denn sie spielen für die Bestäubung der Obstbäume die herausragende Rolle.
Streuobstwiesen schützen Artenvielfalt
Kurz gesagt: Streuobstbestände sind für die Artenvielfalt von großer Bedeutung. Der Erhalt vieler Arten in der Region Cloppenburg liegt Hausleiterin Ursula Hybz von jeher am Herzen. Daher hatte die Hobbyimkerin auch die Idee, hinter der Jugendherberge ein blühendes Paradies für Gäste, aber auch für Bienen, Steinkauz & Co. anzulegen. Sie sprach mit Sabine Washof über ihr Vorhaben, die ihr eine Überraschende Information gab: Aktuell fördert die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung aus Anlass ihres 25. Geburtstags das Anlegen von neuen Streuobstwiesen und andere Aktivitäten, die sich mit dem Thema beschäftigen. Mit dieser Finanzspritze und dem Know-how von Dr. Karin Geyer und Sabine Vashof konnte die Idee jetzt umgesetzt werden. Und das sah gestern so aus:
Die einzelnen Schritt beim Pflanzen eines hochstämmigen Obstbaums:
- Standort der einzelnen Bäumen bestimmen (Mindestabstand zwischen den einzelnen Bäumen: mindestens 10 Metern, Mindestabstand zur Grundstücksgrenze: bei Gemeinde erfragen)
- Grassohle ausstechen
- Loch so tief ausheben dass der Baum bis zur Veredelungsstelle am Ende oberhalb der Erde bleibt
- Obstbaumzweige beschneiden
- Obstbaum in das Erdloch setzen und Loch wieder mit Erde füllen
- Pflanzpfahl und Verbissschutz nicht vergessen
- Baum kräftig gießen
Klingt easy, nicht wahr? Die richtige Arbeit fängt allerdings im Anschluss an, denn Streuobstwiese brauchen Pflege. Gerade der regelmäßige Obstbaumschnitt ist wichtig. Eine ausführliche Anleitung dazu gibt es auf der Seite des BUND. Dort findet Ihr übrigens auch weitere Tipps rund um das Thema, sogar leckere Rezepte und Anleitungen zur eigenen Saftherstellung.
Auch bei der Baumpflege wird der Bio-Kurs der Oberschule Lorop in den nächsten Jahren behilflich sein. Auf diese Weise sollen die Heranwachsende ein Gespür dafür entwickeln, wie ein Ökosystem funktioniert und wie sie etwas dafür tun können, dass es intakt bleibt. Aber nicht nur die Schulklasse soll die neu entstandene Wiese naturpädagogisch erleben. Künftig wird es auch für Gästegruppen und alle weiteren Schulen der Region spezielle Bildungsprogramme und -materialien geben.
Ein Lern- und Entschleunigungsort, wo es brummt und summt – das wird die Wiese hinter der Jugendherberge Thülsfelder Talsperre künftig also sein. Alle Gäste sind herzlich eingeladen, dieses kleine Biotop zu erkunden und später dann zu naschen, was die Bäume an Obst hervorzaubern. Birnen, Zwetschgen, Äpfel, Haselnüsse und Esskastanien wird es geben. Ab wann entscheidet allein die Laune der Natur. Aber auf die ist in der Regel Verlass.
Weitere Informationen zu Streuobstwiesen in Niedersachsen:
„Streuobstbwiesen blühen auf“ (Bingo Umweltstiftung)
„Streuobstwiesen Niedersachsen“ (BUND)
„Obstwiese direkt hinterm Haus“ (Artikel in der NWZ)
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