Jugendherberge als Songschmiede: Compose a piece of music in Leer
Musik machen, vielleicht sogar ein bisschen berühmt damit werden, das ist der Traum vieler Kinder und Jugendlicher. Youtube-Videos der Lieblingsbands werden in Dauerschleife angeschaut, aktuelle Chartstürmer mit Kopfhörern auf den Ohren mitgesungen. Sollte die Begeisterung nicht abflauen, führt der Weg dann häufig in eine Musikschule oder zu einem privaten Musiklehrer, wo Noten und ein Instrument gelernt werden. Manchmal ist es auch die eigene Stimme, an der gefeilt wird. Ob Gesang oder Instrument – recht schnell können die Kids erste Stücke spielen und kleine Auftritte absolvieren. Wer dann noch eine Schippe drauflegen möchte, der versucht sich an der Komposition eines eigenen Songs. Oder interpretiert sein Lieblingsstück neu.
Doch das will erst einmal gelernt sein – und genau deshalb waren vier Mädchen und fünf Jungen in der vergangenen Woche in der Jugendherberge Leer zu Gast. Im viertägigen Musikworkshop ‚Compose a piece of music‘ lernten sie von Line Pengel von der Music Artist Academy die Kunst des Songwritings, des Arrangements und der Komposition. Außerhalb der Workshops kümmerte sich Teamerin Melanie um das Wohl der Gruppe.
Aus Nienhagen bei Celle, Nordenham, Westerstede oder auch der Gegend um Aurich waren die neun Nachwuchs-Künstler angereist. Mit im Gepäck: Ganz unterschiedliche Vorerfahrungen. So spielen die dreizehnjährige Theresa und der dreizehnjährige Lucas aus Nienhagen beispielsweise seit acht Jahren ein Instrument – Theresa Klavier, Lucas Schlagzeug. Der zwölfjährige Tim aus Mönkeboe hat hingegen erst vor zwei Jahren angefangen, selbst zu musizieren. Und nicht jede/r der Gruppe bekommt derzeit professionellen Musikunterricht, einige erarbeiten sich ihr Können autodidaktisch.
Doch wieviel Vorerfahrung braucht ein Kind, um bei „Compose a piece of music“ dabei sein zu können? Ich frage diejenige, die es am besten beurteilen kann: Line. Ihre Antwort macht deutlich, das Erfahrung nicht immer etwas mit Zeit zu tun hat. Für sie zählt etwas ganz anderes: „Das allerwichtigste ist, dass die Kinder und Jugendlichen Bock haben, selbst zu schreiben und sich auszuprobieren. Ich unterstütze die Kids sehr gerne bei jedem Schritt, aber eine unumgängliche Voraussetzung für eine gelungene Teilnahme ist Leidenschaft für Musik – ganz gleich in welcher Form. Sonst kann es zäh und anstrengend werden.“
Das Programm der Freizeit
Bodypercussion. Songwriting. Melodien und Rhythmen entwickeln. Instrumente ausprobieren. Das alles stand auf dem Plan der gemeinsamen Tage in der Jugendherberge Leer. Dank der zahlreichen Seminarräume vor Ort war es kein Problem, allein oder als Kleingruppen an einzelnen Aufgaben zu arbeiten. „Die Aufgabenstellungen dienten alle dazu, das Verständnis für musikalische Strukturen zu vertiefen, die Kreativität anzuregen und die Fähigkeit zu schulen, sich gezielt mit Worten auszudrücken“, erklärt Coach Line. „Man braucht fürs Komponieren aber noch etwas anderes: Mut, zu experimentieren und sich mitzuteilen, Durchhaltevermögen und Kritikfähigkeit. Auch darum ging es in den einzelnen Sessions.“
Konkret galt es für die Kids zum Beispiel, folgende Herausforderung anzunehmen: „Überlege Dir ein Thema, von dem Dein Song handeln soll, entwickle eine These und schreibe alles in Dein Notizbuch, was Dir zu Deinem Thema einfällt.“ Und sie taten es! Alle schnappten ihr Songwriting-Notizbuch, das sie zum Start des Workshops bekommen hatten, und legten los. Reinschreiben, durchstreichen, neu schreiben. Verzweifeln. Weiterschreiben. Nochmal durchstreichen. Sehen, dass es anderen genauso geht. Weitermachen.
Alle hatten beim Schreiben ihres eigenen Songs mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen: Sie kamen immer wieder an den Punkt, dass ein formulierter Satz nicht zu dem Gefühl passte, das sie ausdrücken wollten. Alle Texte entstanden auf Deutsch und bildhaftes metaphorisches Formulieren fiel altersbedingt schwer. Gerade wenn der Song einer bestimmtem Person gewidmet war, waren die Kids äußerst vorsichtig und wollten keine Worte wählen, die nicht absolut zu dem passten, was ihnen im Kopf herumschwirrte. Erst nach langem Grübeln und Suchen nach Alternativen kam dann häufig doch die Einsicht, ‚dass man das irgendwie nur so sagen kann‘ – und dann kam schnell eins zum anderen. Lines Resümee: „Wenn man mal bedenkt, dass wir insgesamt nur 3 Tage Zeit hatten, kann man vielleicht doch von ‚erstaunlich schnellen Ergebnissen‘ sprechen. Ich bin sehr dankbar dafür, dass diese tollen Kinder mich so nah an ihre Gefühlswelten herankommen lassen haben und freue mich immer noch darüber, dass sie so offen und experimentierfreudig waren.“
Songtexte der Freizeit
Na? Neugierig auf die Songtexte, die in der vergangenen Woche entstanden sind? Drei der TeilnehmerInnen waren so mutig, mir eine Veröffentlichung der Texte zu erlauben, dankeschön! Hier sind sie (draufklicken zum Vergrößern):
Und das Resümee der Nachwuchskomponisten?
Das haben wir natürlich auch exemplarisch „eingefangen“:
Jan-Niklas: „Es war sehr gut hier in Leer, denn man konnte sich gegenseitig helfen. Mit einigen konnte man sich sogar anfreunden. Ich würde mir wünschen, dass die Workshops länger gehen würden, damit man noch weiter an seinen Liedern arbeiten kann.“
Thore: „Mir selbst Lieder auszudenken und der Rhythmuskreis, das hat mir am meisten Spaß gemacht. Ich habe die anderen an allen Tagen viel mit der Gitarre begleitet und konnte immer die anderen fragen, wenn ich nicht weiter wusste. Und ich fand die Betreuerinnen sehr nett und bedanke mich auch nochmal bei beiden.“
Theresa: „Die Zimmer waren super, sehr sauber und neu. Außerdem standen uns gute Räume zum Musizieren zur Verfügung. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und das Musikmachen mit Line war super gut. Melanie hat mit uns viele tolle und spaßige Sachen gemacht. Danke!“
Tim: „Das Texte schreiben hat mir besonders Spaß gemacht. Ich möchte nun bald in einer Band spielen.“
Der Termin im nächsten Jahr für „Compose a piece of music“ steht übrigens schon fest: 24.-29. Juli 2016. Wer dabei sein möchte, kann sich ab sofort hier anmelden. Wir freuen uns auf Euch!
Fotos: Melanie Hotovic und Line Pegel
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