Hip-Hip-Hurraaa: 30 Jahre Jugendherberge Esens

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Zum Zeitpunkt der Eröffnung war sie die modernste Jugendherberge Deutschlands, ein „Prachtbau“, schrieben die Zeitungen: Vor 30 Jahren öffnete die Jugendherberge Esens-Bensersiel ihre Türen für die Gäste. Eine Erfolgsgeschichte für das Jugendherbergswerk, für die Stadt, für das Team vor Ort. Wir haben anlässlich des Geburtstags unter anderem mit Hausleiter Christoph Angres, den ersten Herbergseltern Indrani und Karl Fischer und mit der Bü?rgermeisterin von Esens Karin Emken über Anekdoten, Zukunftsvisionen und die Bedeutung der Herbergsstätte für die Region gesprochen.

Christoph Angres presst die Stirn gegen die Scheibe. Blickt runter, 200, 300 Meter tief, zwischen die Wolkenfetzen, die die Sicht versperren. Er sitzt in einem Flugzeug aus den 70er-Jahren, die Maschine röhrt und rattert. Die Hände fest am Steuer, legt der Hobbypilot den Flieger jetzt in die Kurve, um besser rausschauen zu können. „Aaah, da haben wir sie ja“, sagt er dann erleichtert und deutet mit dem Finger nach unten. „Da ist die Jugendherberge Esens.“ Und tatsächlich: Dort unten, zwischen vielen Bäumen, steht ein langes, flaches Gebäude.

Vor 30 Jahren wäre es aus der Luft leichter zu entdecken gewesen. Da war das Gelände noch längst nicht so grün wie heute nur ein paar Büsche fanden sich am Rand des frisch angelegten Weges, der zur Jugendherberge führte. Am 20. September 1987 wurde sie nach einjähriger, 5,5 Millionen DM teuerer Bauzeit feierlich eröffnet, und ein besonderer Ehrengast pflanzte symbolisch einen Baum, der bis heute steht: Rita Süssmuth, damalige Bundesministerin für Familie, Jugend, Frauen und Gesundheit. Schon damals sprach sie an, was das Deutsche Jugendherbergswerk bis heute auszeichnet: Die „Achtung und Toleranz gegenüber Andersdenkenden“ sei eine wichtige Voraussetzung für die Zukunft, gab sie den neuen Herbergseltern Indrani und Karl Fischer mit auf den Weg.

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Indrani und Karl Fischer

Eine echte Überraschung: 12.000 Übernachtungen im ersten halben Jahr

Karl Fischer war Seemann, hat dann zeitweise als Koch und später als Straßenbahnfahrer in Bremen gearbeitet, bevor er mit seiner Frau Indrani nach Norderney zog, um dort zunächst die Jugendherberge zu leiten. Der Wechsel aufs Festland war für sie wie eine Reise durch die Zeit, erinnert sich der heute 70-Jährige: „Das Haus auf Norderney war bereits über ein halbes Jahrhundert alt, als wir es übernahmen. Mit der komplett neu errichteten Jugendherberge Esens durften wir auf einmal in der modernsten Jugendherberge an der Küste arbeiten.“ Auf dem Gelände war sogar ein Windrad aufgestellt, das das Haus mit Strom versorgte bis dahin europaweit einzigartig für eine Jugendherberge. „Das war schon was“, sagt Fischer lächelnd.

„Die Menschen in Esens haben sich ein Jugendgästehaus gewünscht“

Dass das Projekt überhaupt realisiert werden konnte, lag zum einen an den Förderungen von Bund, dem Land Niedersachen, dem Landkreis Wittmund und dem Arbeitsamt. Vor allem aber die Stadt und die Samtgemeinde Esens machten sich für die neue Jugendherberge stark. „Die Menschen in Esens haben sich ein neues Jugendgästehaus wirklich gewünscht“, weiß Karin Emke, ehrenamtliche Bürgermeisterin der Stadt Esens. Lange habe man nach einem Standort vor Ort gesucht, und sich schließlich für die Lage am Stadtrand entschieden, von der aus sich sowohl der Strand in Bensersiel als auch das Ortszentrum bequem zu Fuß erreichen lässt. Die Stadt hat das Gelände gekauft und anschließend dem Jugendherbergswerk geschenkt. Treibende Kraft war der ehemalige Stadtdirektor und DJH-Ortsverbandsvorsitzende Ewald Neemann: Er kämpfte mehr als 20 Jahre für die Vision einer Jugendherberge für Esens. Mitglieder berichten, dass er in den Jahren 1980 bis 85 nach jeder Jahreshauptversammlung aufstand und im Schlusswort forderte: „Im übrigen möchte ich darauf hinweisen: Esens braucht eine Jugendherberge“. Mit Erfolg: Sein Name findet sich noch immer direkt am Eingang zu dem Gelände dort steht in großen Lettern „Ewald-Neemann-Jugendherberge“.

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Dieses Haus mit Leben zu füllen, war die Aufgabe von den Herbergseltern Fischer. Die beiden hatten schon lange vor der offiziellen Eröffnung alle Hände voll zu tun: Behelfsmäßig in einem alten Bauernhaus untergebracht saßen sie am Telefon, um die Anfragen für die nächsten Monate entgegenzunehmen. „Bereits im ersten halben Jahr konnten wir 12.000 Übernachtungen verbuchen“, sagt Fischer. „Das war Wahnsinn!“ Unterstützt wurden die beiden überwiegend von Zivis zu denen sie teilweise noch heute Kontakt haben. „Unsere Zivis waren wirklich Gold wert. Wir haben ja alles selbst gemacht! Da stand ich noch im Blaumann im Zimmer und habe die Betten hergerichtet da ist man an manchen Tagen ganz schön ins Schwitzen gekommen.“ Aber Indrani und Karl brennen für ihren Job. „Ich war einer der ersten innerhalb des Verbands, der Pauschalpakete schnürte und Programme für Schulklassen organisierte“, betont der 70-Jährige. Die Zutaten für die Küche, in der seine Frau oft mehr als 130 Essen am Tag zubereitete, bezog er meist regional von Landwirten und Kaufleuten.

Ein Ort für Begegnung – damals wie heute

„Die Verbindung zwischen der Stadt und der Jugendherberge war von Anfang an sehr familiär“, lobt auch Bürgermeisterin Karin Emken. Die Jugendherberge sei ein wichtiger Bestandteil der touristischen Infrastruktur. „Die Gäste gehören längst zum Stadtbild von Esens dazu“, freut sich Emken. „Und ich glaube auch, dass die Idee hinter den Jugendherbergen heute so wichtig ist wie nie: Begegnungen zu schaffen und Gemeinschaft zu leben.“

Auch für die Fischers stand das immer im Mittelpunkt ihres Schaffens. „Einmal hatte ein Junge auf Klassenfahrt Heimweh“, erinnert sich Karl Fischer. „Da haben wir ihn einfach bei uns übernachten lassen. Am nächsten Tag sind wir gemeinsam zu unserem Teich gegangen und haben Fetti gefüttert, da fühlte er sich gleich viel besser.“ Fetti war einer der Spiegelkarpfen, die sie geschenkt bekommen haben und die nun in dem Biotop neben dem Haus lebten. „Zu manchen Gästen sind richtig gute Freundschaften entstanden.“

Fische gibt es zwar heute keine mehr in der Jugendherberge zu beobachten. aber viele der Vorzüge von damals bestehen noch immer: ein großer Platz zu Fußball spielen zum Beispiel, eine überdachte Tischtennisfläche draußen und verschiedene Sportangebote vom Billard über Air-Hockey bis zum Kickern im Haus, in der hellen Galerie im ersten Stock.

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Direkt darunter sorgt an kalten Tagen der Kamin in der Lobby für gemütliche Spiel- oder Teestunden am lodernden Feuer.

Neben Familien und Schulklassen kommen viele Vereine und auch einige Gäste, die die Tagungsräume für Seminare nutzen. Sie werden von Betriebsleiterin Monika Wilts und ihrer Kollegin Elke Fischer herzlich in Empfang genommen. „Wir sind wirklich ein tolles Team“, findet Wilts, die seit sieben Jahren in der Jugendherberge arbeitet. „Gemeinsam versuchen wir, es unseren Gästen so schön wie möglich zu machen.“ Und zu denen gehören neben vielen Stammgästen auch mal Schulklassen aus dem Ausland.

Perfekte Lage für Ausflüge an den Strand oder in die Stadt

Christoph Angres, der 2006 die Leitung vom Ehepaar Fischer übernahm, sieht neben dem engagierten Team die Stärken vor allem in der Lage des Hauses: „Von uns aus lässt sich wunderbar die Küste mit den vielen Stränden, aber auch Ostfriesland mit vielen sehenswerten Städten und Örtchen erkunden“, betont Angres. Zu Fuß zu erreichen ist das Stadtzentrum, aber auch Bensersiel mit Nordseetherme und Strand.

Woran er sich in elf Jahren Hausleitung gerne erinnert? „Einmal hatten wir die Deutsche Vizemeisterin im Kickern bei uns zu Gast“, erinnert sich Angres. „Dann sind wir alle gegen sie angetreten und ich habe tatsächlich ein Tor geschossen.“ Aber auch sonst gäbe es immer wieder mal schöne Momente mit den Gästen. Denen empfiehlt er übrigens gerne seinen Lieblingsplatz im Haus: Das Zimmer mit der Nummer 13. „Die Fenster gehen über Eck. So hat man einen tollen Blick auf unseren Teich zur einen und auf die grüne Düne zur anderen Seite.“

Zum Geburtstag des Hauses wünscht sich Angres, dass sich die Gäste auch zukünftig bei ihm in der Jugendherberge wohl fühlen. Dafür werden demnächst auch noch mehr Zimmer mit einem eigenen Bad ausgestattet und die Rezeption modernisiert.

Ihr wollt mehr zur Jugendherberge Esens-Bensersiel erfahren? Dann schaut doch mal auf dieser Seite vorbei. Hier könnt Ihr auch direkt Euren nächsten Urlaub buchen. Zum Beispiel das Vater-Sohn-Wochenende, Über das wir in diesem Beitrag geschrieben haben.

2 Kommentare;

  1. Christian Groß sagt:

    Als einer der oben genannten Zivis möchte ich mich hier nochmals für 10 wunderbare Monate bedanken, die ich mit Karl, Indrani, weiteren Zivis und dem leider verstorbenen Koch Fritz Stecker erleben durfte.
    Von den Erinnerungen, die ich aus dieser Zeit mitnehmen konnte werde ich sicherlich auch in 20 Jahren noch erzählen.
    Die Herzlichkeit mit der wir Zivis und alle Gäste von Fischer aufgenommen wurden hat dazu geführt, dass ich auch heute gerne noch den Kontakt zu den beiden halte. Obwohl weit der Heimat (Niederrhein) fühlt(e) man sich in dieser Herberge, wie zu Hause.

    Herzlichen Glückwunsch zu 30 Jahren Jugendherberge Esens. Ich freue mich sehr ein Teil davon gewesen sein dürfen.

    Christian Groß (Zivi 07.’04 – 05.’05)

    1. Vielen Dank für die herzlichen Glückwünsche! Wenn sich eine Jugendherberge nach zuhause anfühlt, dann freuen wir uns sehr drüber – und geben das Lob natürlich doppelt unterstrichen und mit drei Ausrufezeichen versehen an das Team ins Esens weiter.

      Alles Gute und viele Grüße an den Niederrhein!

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