Gemeinsam Visionen entwickeln: Ein Junior-Team für die Jugendherbergen

 

Jugendherbergen sind nur etwas für Schulklassen und Familien? Von wegen! Ob für einen Städtetrip, ein Wochenende mit der Fußballmannschaft oder eine Auszeit unter Freunden: Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene übernachten in unseren Häusern. Die Jugendherbergen im Nordwesten wollen die Bedürfnisse und Interessen 17- bis 26-Jähriger künftig noch stärker berücksichtigen, und haben deshalb ein Junior-Team ins Leben gerufen. Wir waren beim Treffen in der Kultur|Jugendherberge Meppen dabei.

Ein Tisch. Ein Stuhl. Und Marian Hirschfeld oben drauf. Wer auch immer sich diese wacklige Konstruktion ausgedacht hat, der 21-Jährige steht jetzt auf Socken auf der Sitzfläche, die wiederum auf der Tischplatte steht, und nur wenige Zentimeter trennen seinen Kopf von der Decke des Raumes. „Verdammt, irgendwie doch ziemlich hoch“, sagt er lachend, das Gesicht zur Wand. Hinter seinem Rücken stehen elf Jungs und Mädels, die Arme ausgestreckt, den Blick gespannt nach oben auf Marian gerichtet.“Ich bin bereit, seid ihr bereit?“, fragt Marian. Die Gruppe bestätigt mit lautem Rufen, und Marian muss jetzt vertrauen. Überlegt nicht lang, zählt herunter, 3, 2, 1 – und lässt sich dann nach hinten fallen.

Wenige Stunden zuvor: Es ist Samstag, kurz nach elf Uhr am Vormittag des zweiten Tags des Junioren-Team-Treffens in der Kultur|Jugendherberge Meppen. Gerade ist die Gruppe zurück von ihrem Rundgang. Jugendherberge-Check heißt der Tagesordnungspunkt, und konkret bedeutet das: Die zwölf jungen Erwachsenen sollen sich das Haus anschauen und es aus ihrer Sicht bewerten. Jetzt schreiben sie ihr Lob – aber auch ihre Kritikpunkte – auf bunte Papierkreise.

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Oliver Engelhardt weiß, dass das auch wehtun kann. „Aber wir wollen uns dieser Kritik ja stellen und uns bewusst für die Bedürfnisse der jungen Zielgruppe öffnen“, sagt der Leiter des Bereichs Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung der Jugendherbergen im Nordwesten. Bislang hat kein anderer Landesverband einen solchen Jugendbeirat eingerichtet. Die Ergebnisse dieses Wochenendes sollen dazu beitragen, dass ein solches Gremium schon bald eine fester Bestandteil des Landesverbands wird.

Wie diese Arbeit konkret aussehen kann, wird nun in drei Gruppen erarbeitet. Vorstandsmitglied Friedhelm Forbriger ist ebenfalls nach Meppen gereist und brainstormed mit den Teilnehmern, in welcher Form die Jugendherbergen künftig sogenannte Trendscouts einsetzen können. Dabei sollen junge Menschen beispielsweise auf Messen schauen, was gerade angesagt ist, und überlegen, ob sich manche Trends vielleicht auch auf die Jugendherbergen anwenden lassen. Auch können sie in den Häusern des Landesverbands übernachten und vor Ort checken, ob Dinge noch zielgruppengerechter gestaltet werden können. Die Ideen sprudeln, und das große Plakat in der Mitte des Tisches fällt sich schnell.

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„Ich bin absolut begeistert von dem Engagement der Jugendlichen“, sagt Forbiger, der die Idee zum Junioren-Team gemeinsam mit Werner Müller-Hirschfeld entwickelt hat. Das Aufsichtsratsmitglied des Verbands sitzt auf der anderen Seite des Raums und überlegt mit seiner Gruppe, welche Aufgaben der Jugendbeirat konkret übernehmen könnte. „Es wird Zeit, dass die jungen Erwachsenen eine stärkere Stimme bei uns bekommen“, sagt Müller-Hirschfeld. „Das, was wir hier heute zusammentragen, ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.“

Oliver Engelhardt erarbeitet in der Zwischenzeit mit seiner Gruppe ein Konzept, wie man auch auf der Video-Plattform YouTube stärker präsent sein kann. „Es gibt so viele tolle Angebote für Jugendliche. Wir müssen sie noch sichtbarer machen.“ Marian Hirschfeld hat dafür bereits einige Ideen. „Wie wäre es mit einem Video, in dem eine Fußballgruppe das Wochenende über begleitet wird?“, schlägt der Fotograf und Filmer vor, der selber immer wieder auch Videos ins Netz stellt und die Szene gut kennt. „Das muss aber authentisch sein, ohne vorgegebenes Drehbuch.“

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Der 21-Jährige ist durch seinen Vater auf das Projekt aufmerksam geworden – und war sofort begeistert von der Idee. „Ich bringe mich gerne mit ein“, sagt Marian, der dafür mit seiner Schwester und zwei Freunden extra aus Köln angereist ist. „Man merkt hier: Es gibt etwas zu bewegen, und ich kann aktiv meinen Teil dazu beitragen.“ Dass der Vorstand ihn und die anderen Teilnehmer praktisch als Experten eingeladen hat, findet er gut. „Man hat wirklich das Gefühl, dass man hier ernst genommen wird, dass unsere Meinung zählt. Das ist viel wert.“ Außerdem sei es ein bisschen wie früher, als er auf Klassenfahrt in den Jugendherbergen übernachtet hat – obwohl sich die Teilnehmer untereinander vorher zum großen Teil gar nicht kannten. „Wir haben echt viel Spaß zusammen“, sagt er. „Ich glaube, solche lustigen Zusammentreffen können echt nur in den Jugendherbergen entstehen.“

Auch Nico Donat wollte sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen. Der 21-Jährige aus Jever hat gerade seine Ausbildung zum Bankkaufmann bei der Volksbank hinter sich und drei Kollegen mitgebracht. „Für mich ist das eine gute Chance, auch mal hinter die Fassade eines so großen Unternehmens zu blicken.“ Er sei generell sehr betriebswirtschaftlich interessiert und würde sich deshalb gerne im Jugendbeirat einbringen. Außerdem sei das ehrenamtliche Engagement auch ein Test, ob er solche Aufgaben in seinen Alltag integrieren kann. „Wann kriegt man als Jugendlicher schon die Möglichkeit, wirklich etwas verändern zu können?“

Tatsächlich kommt zum Ende des Tages (und viel schneller, als geplant!) eine ganze Menge an klaren, guten Ideen zusammen, die in den kommenden Wochen Vorstand und Aufsichtsrat konkreter vorgestellt werden sollen.

Für die Gruppe geht es nach getaner Arbeit aber erst einmal in den Bewegungsraum. Dort haben zwei Teamer allerlei Zeug aus ihrem Zirkusprogramm mitgebracht: Bälle zum Jonglieren, Drehteller, Diavolos. Zunächst aber heißt es: Vertrauen gewinnen. Und so steigt einer nach dem anderen erst auf den Tisch, dann auf den Stuhl, und lässt sich – 3, 2, 1 – in die Menge fallen. Die Gruppe hält sich an den Händen, hält zusammen, damit niemand fällt. Einen schöneres Bild für den Auftakt des Junior-Teams hätte es nicht geben können.

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Und auf die neue Zusammenarbeit können Team und Leiter am Abend sogar angemessen anstoßen: Zufällig findet da das erste Meppener Bierfest auf dem Gelände der Jugendherberge statt. Na dann: Danke für den Einsatz – und Prost! Auf eine gemeinsame Zukunft.

Ein Kommentar

  1. F. Forbriger sagt:

    So könnte die Zukunft des DJH nachhaltig gestaltet werden!?

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