Nähcamp mit Hedinaeht: Ein Wochenende, das verbindet

Update: die aktuellen Nähcamp-Termine findet Ihr unter www.naehcamp.de

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Was entsteht, wenn Bloggerin Nina Verhoeven alias Hedinaeht zum Nähcamp ins DJH-Resort einlädt? Viele Klamotten, keine Frage. Vor allem aber jede Menge unvergessliche Momente. 55 Frauen haben ein Wochenende lang nach Strich und Faden gemeinsam genäht. Das Besondere: Die meisten kannten sich vorher höchstens über das Internet. Und sind nun zu Freundinnen geworden, die eines teilen: die Freude an selbst gemachter Kleidung.

Trrrrrrrr-trrr-trrrrrrr. Die Nadel der Nähmaschine rattert über den Stoff, hämmert den Faden zwischen das Gewebe. Das Gerät surrt leise, ein tiefes, sanftes Surren, jedes Mal, wenn Goldlocken-Gina ihren Fuß auf das Pedal unter dem Tisch legt. Die 44-Jährige, die ihren Blogger-Namen nach ihrer prachtvollen Frisur gewählt hat, hat den Kopf gesenkt, den Blick durch die Brille angestrengt auf das Stück Stoff gerichtet, das sie mit den Händen gleichmäßig Stück für Stück unter der Nadel durchschiebt. Normalerweise, in ihrem Hauptberuf, ist die gelernte Goldschmiedin eher metallische Hintergrundgeräusche gewöhnt. Oder klare Töne, wenn sie mit einem der zwei Chöre unterwegs ist, in denen sie singt. Jetzt aber, beim Nähcamp im DJH-Resort in Neuharlingersiel, ist das Geräusch der Nähmaschine ihr Soundtrack des Wochenendes.

Andere Geräusche, die dazu kommen: das Klirren der Gläser am Abend. Das Rauschen der Nordsee in der Ferne. Und: das Lachen der anderen Frauen, mit denen Goldlocken-Gina dieses Wochenende verbringt.

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Gina fühlt sich in der Gemeinschaft pudelwohl – obwohl sie die meisten Teilnehmerinnen vorher gar nicht kannte.

55 Frauen aus ganz Deutschland sind in die Jugendherberge angereist, um beim allerersten Nähcamp dieser Art dabei zu sein. Und Goldlocken-Gina kennt davon: viele, zumindest über soziale Medien wie Facebook und Instagram, oder über ihren Blog – aber niemanden persönlich. Trotzdem fühlt sich dieses Nähcamp für sie schon am Morgen nach dem Kennenlernen an wie ein großes Familientreffen.

Nina Verhoeven ist so etwas wie das Familienoberhaupt der nähverzückten, bunt zusammen gewürfelten Frauengruppe.

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Nina Verhoeven alias Hedinaeht freut sich, ihre Probenäherinnen auch einmal persönlich kennen zu lernen.

Die 37-Jährige hat gemeinsam mit den Jugendherbergen im Nordwesten zum Nähcamp eingeladen und ist eine echte Größe in der Näh-Szene. Dabei hatte die PR-Beraterin vor fünf Jahren noch nichts mit Nadel und Faden zu tun. Als ihre Zwillinge zwei Jahre alt sind, entschied sie sich dazu, einen Nähkurs zu besuchen, um für die Kinder einmal selbst Klamotten zu fertigen. „Da habe ich Blut geleckt“, erinnert sich Nina, „mir zwei Tage später eine Maschine gekauft und in den Tagen darauf mehr als 100 Teile im Akkord genäht.“ Doch schnell merkte sie, dass sie an ihre Grenzen stieß, denn: Es gab zwar wahnsinnig viele Schnittmuster, „aber die wenigsten Kleidungsstücke waren wirklich cool und modern“. Und oft waren sie auch viel zu kompliziert und zeitaufwendig umzusetzen. Also entwarf die studierte Kommunikationswissenschaftlerin einfach ihre eigene Mode zum Selbstnähen – und machte sich anderthalb Jahre später damit selbstständig.

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Immer dabei: das Smartphone. Schließlich wollen auch die Follower wissen, wie es beim NAi??hcamp ist.

Unter dem Namen Hedinaeht folgen ihr mittlerweile mehr als 7.000 Menschen bei Facebook und mehr als 10.000 bei Instagram. 55.000 Klicks verzeichnet ihr Blog im Monat, 45.000 eBooks mit Schnittmustern hat sie bereits verkauft. Die 25 verschiedenen Modelle heißen beispielsweise „Frau Jette„, „Frau Alma“ oder „Frau Edda“ und sie haben eines gemeinsam: Sie lassen sich, wie Nina gerne sagt, „ratfatz“ nähen. 40 Probenäherinnen prüfen jedes Schnittmuster vor Erscheinen auf ihre einfache Umsetzung.

Eine von ihnen ist Christiane. Seit drei Jahren ist sie dabei, 2012 hat sie bereits angefangen zu nähen. „Ich habe Hedinaeht immer verfolgt, weil mich die einfachen, schnellen Schnitte fasziniert haben“, sagt die 32-Jährige, die selbst auch unter dem Namen Ranelabel bloggt. Mit kleinen Täschchen hat sie begonnen – nun näht sie ganze Outfits für sich und ihre Tochter. Das Kleid, dass sie trägt, ist eines dieser selbst gemachten Stücke. „Ich mag es, selbst zu entscheiden, welches Muster der Stoff haben soll, aus welchem Material das Teil ist“, sagt sie. Vor allem aber hat das Nähen für sie eine entspannende Wirkung. „Auf der Arbeit werde ich quasi nie fertig, da habe ich am Ende nichts in der Hand. Beim Nähen sehe ich direkt ein Ergebnis – das ist schön.“

Nina und Christiane haben zwar regelmäßig Kontakt – persönlich kennen gelernt haben sie sich, obwohl sie beide in Hamburg wohnen, bislang aber nicht. „Ich habe online schon gemerkt, dass Nina ein echter Herzensmensch ist“, sagt Christiane. „Und das merkt man hier sofort.“ Nina lacht und nimmt Christiane in den Arm.

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Sandra nAi??ht seit 16 Jahren – und hat zu Hause mittlerweile ein eigenes NAi??hzimmer.

Überhaupt: Beim Nähcamp geht es total herzlich zu. Da wird beraten, anprobiert, gelobt und geholfen. Sandra aus Rastede zum Beispiel braucht einen Tipp, welcher Stoff zu dem Wal-Print des Shirts passt, das sie für ihr Kind nähen will. Sie kramt in ihrer Kiste, holt verschiedene Farben heraus. „Was meint ihr?“, fragt sie, und schnell sind sich alle einig: blau soll es werden. Sandra näht seit 16 Jahren, meist für sich allein im Dachgeschoss, das ihr Mann (der nach diesem Wochenende übrigens auch einen neuen Pullover bekommt) extra zum Nähzimmer ausgebaut hat. „Aber in dieser tollen Gemeinschaft zu nähen, das macht einfach noch viel mehr Spaß“, freut sich die 49-Jährige.

Auch für Goldlocken-Gina steht der Spaß im Vordergrund. Material für mindestens drei Kleidungsstücke hat sie sich mitgenommen. „Aber ich seh das ganz entspannt“, sagt die 44-Jährige aus Duisburg lachend. „Ich freue mich, einfach mal die ganzen Leute kennen zu lernen, denen ich in den sozialen Medien so folge.“ Schon am Anreisetag haben sie gemütlich in kleiner Gruppe bis weit nach Mitternacht genäht; manche der Frauen sind an diesem Samstag dann sogar extra früh aufgestanden, um direkt weitermachen zu können. „Für mich ist es aber auch ok, wenn ich am Ende gar nichts fertig bekomme“, sagt Gina.

DJH Neuharlingersiel NAi??hcamp

Natürlich schafft sie noch etwas: unter anderem den Mantel „Frau Ava“. Dieser ist eindeutig das beliebteste Stück an diesem Wochenende. In grün, blau, schwarz, in allen möglichen Farben wird er zugeschnitten, und die Hobby-Näherinnen inspirieren sich gegenseitig mit ihrer Arbeit, tauschen sich über das Innenfutter aus, helfen sich beim Knöpfe annähen. Manche sind gleich mit zwei drei Nähmaschinen angereist, sodass sich selbst der ein oder andere Ausfall kompensieren lässt. Bei Ankunft gab es übrigens noch etwas ganz Besonderes dazu: Ein Goodiebag voller Überraschungen – mit Produkten von ALBStoffe, alles-fuer-selbermacher.de, hamburger liebe, byGraziela, Glücksmarie, Snaply Nähkram und jolijou.

Bei vielen immer mit dabei: das Smartphone. Jedes fertige Stück wird fotografiert und den eigenen Followern präsentiert. „Früher galt Nähen noch als altbacken“, sagt Nina. „Heute ist es ein richtiger Lifestyle, der eine riesige Community begeistert.“ Dass sie mit ihrem allerersten Nähcamp gleich einen großen Teil der Jugendherberge füllt, findet sie besonders faszinierend. „Aber das passt ja auch: der Slogan Gemeinschaft erleben trifft auf das Nähen in der Gruppe ganz besonders zu.“ Sie selbst kommt gerne an die Nordsee, war auch schon mit ihrer Familie im Resort. „Es ist einfach schön hier!“

Auch die anderen Teilnehmerinnen zeigen sich begeistert von den modernen Zimmern und dem guten Essen. Dass die Jugendherberge nur wenige Minuten vom Neuharlinger Strand entfernt liegt, ist an diesem Wochenende kaum von Bedeutung: Nur einige wenige machen sich auf den Weg nach draußen, um frische Nordsee-Luft zu schnuppern. „Man ist hier einfach so in der Gemeinschaft drin, da will man keinen Moment verpassen“, gibt Gina zu.

Aber vielleicht klappt es mit dem Strandbesuch ja beim nächsten Nähcamp im DJH Resort Ende Januar. Für das hat sie sich bereits rechtzeitig einen Platz gesichert und wird wieder in den Norden reisen. Mit ihrer Nähmaschine im Gepäck, vielen neugewonnenen Freunden, und Kleidung, die vielleicht „Jette“, „Ava“ oder „Ida“ heißt – am Ende aber vor allem eins ist: mit Freude selbst gemacht.

6 Kommentare;

  1. Nicole Witt sagt:

    Hallo,

    Gerade bin ich auf diesen Blog gestoßen.

    Großartig !!!!!!

    Jaaaa,—–genau das suchen meine Freundin und ich.

    Leider kann ich für den 17.-19.11. November nicht buchen:-(((

    Ist es schon ausgebucht oder wie kann ich uns Einchecken ? :-)))

    Viele Grüße
    Nicole

    1. Gesa Hauschild sagt:

      Hallo Nicole,
      vielen Dank für Deine Nachricht. Ja die Nähcamp-Termine mit Nina waren sehr schnell ausgebucht. Wir bieten noch zwei weitere Termine (allerdings ohne Nina) an:
      – 4.- 6.8.2017 in der Jugendherberge Thülsfelder Talsperre ( http://thuelsfelde.jugendherberge.de/de-DE/Reiseangebote/Column1/Angebot24907/ReiseProgramm)
      und vom 3. – 5.11.2017 in der Jugendherberge Jever (http://jever.jugendherberge.de/de-DE/Reiseangebote/Column1/Angebot24914/ReiseProgramm ). Diese Termine sind noch ganz frisch und sicherlich noch buchbar.

  2. Nicole Witt sagt:

    Hallo Gesa,,

    meine Freundin und ich haben das näh Camp im November2017 in Jever gebucht. Wir freuen uns schon riesig. Allerdings sind wir noch fast „näh Azubis “ (2-3 jahre)
    wir fragen uns gerade was wir alles mitbringen sollten bzw. was vor Ort ist !!??? ( Bügel Brett….. vlies Einlagen, gibt’s zufällig einen Stoff anbieter vor Ort? )

    Viele Grüsse
    Nicole und Jenny

    1. Gesa Hauschild sagt:

      Hallo Nicole,
      wir stellen vor Ort in der Jugendherberge pro Nähraum ein Bügelbrett, nebst Bügeleisen und Zuschneidetisch, sowie eine Umkleidekabine, destilliertes Wasser und einen Garderobenständer für die fertigen Nähprodukte. Ihr müsstet eigentlich nur Eure Nähmaschine / -en und die Zutaten wie Stoffe, Garn etc. sowie Verlängerungskabel, Mehrfachsteckdose mitbringen. In Jever oder Schortens gibt es drei kleine Nähläden, in denen Ihr noch Zubehör einkaufen könntet. http://www.der-stoff.de/fillialen/stoff-zentrale/jever.html und http://www.marie-lind-stoffe.de/index.html und http://www.staaars.de/

  3. Michaela Wattjes sagt:

    Hallo ist das auch was für Anfänger???

    1. Jan Pecher sagt:

      Ja, das Nähcamp eignet sich auch für Näh-Anfänger, allerdings sollte man in der Lage sein, seine Projekte selbstständig umzusetzen. Es gibt keinen Nähkurs o. Ä., man kommt aber schnell in den Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen und hilft sich gegenseitig.

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